Um das neue Eigenheim komplett ohne Eigenkapital finanzieren zu können, bedarf es einer sogenannten Vollfinanzierung. Dabei übernimmt das Kreditinstitut nicht nur den vollen Kaufpreis des gewünschten Objektes, sondern auch sämtliche Nebenkosten. Auf den ersten Blick wirkt diese Vollfinanzierung wie ein tolles Angebot. Allerdings gibt es in der Regel nicht allzu viele Banken, die sich auf eine solche Vollfinanzierung einlassen. Das liegt häufig daran, dass die Bank das volle Risiko nicht allein tragen möchte. Daher ist vor dem Abschluss einer Vollfinanzierung Vorsicht geboten – besonders dann, wenn man kein überdurchschnittliches Einkommen vorweisen kann.
- Die Vollfinanzierung (oder: Baufinanzierung ohne Eigenkapital)
- Was ist eine Vollfinanzierung und wie funktioniert sie?
- Welche Vor- und Nachteile bringt eine Vollfinanzierung mit sich?
- Für wen eignet sich die Vollfinanzierung und welche Voraussetzungen gibt es?
- Welche Tilgungsmöglichkeiten stehen bei einer Vollfinanzierung zur Auswahl?
- Der große Vergleich: Baufinanzierung mit Eigenkapital vs. Baufinanzierung ohne Eigenkapital
Die Vollfinanzierung (oder: Baufinanzierung ohne Eigenkapital)
Der vermutlich größte Vorteil einer Baufinanzierung ohne eigenes Kapital: Der Käufer kann seinen Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen, ohne dafür die eigene Liquidität aufs Spiel zu setzen.
Doch es gelten bestimmte Voraussetzungen und ebenso gibt es Nachteile. Da die Bank im Falle einer Vollfinanzierung sämtliche Kosten vorschießen muss, verlangt sie verständlicherweise Sicherheiten. Dazu gehört vor allem der Nachweis, dass der potenzielle Käufer ein entsprechend hohes und zugleich gesichertes Einkommen hat, damit er seinen Verpflichtungen gegenüber dem Kreditinstitut auch langfristig nachkommen kann. Darüber hinaus ist die Höhe der Gesamtfinanzierung stets von der Werthaltigkeit des zu beleihenden Objektes abhängig. Das bedeutet: Falls das Haus den Anforderungen der Bank nicht entspricht, wird sie eine Vollfinanzierung ablehnen – selbst wenn das eigene Einkommen eigentlich ausreichen würde.
Ein weiterer Punkt, den viele zukünftige Eigenheimbesitzer häufig nicht auf dem Schirm haben, ist der finanzielle Mehraufwand in Bezug auf die monatlichen Kreditraten. Denn diese sind bei einer Finanzierung ohne Eigenkapital natürlich um einiges höher als bei einer normalen Immobilienfinanzierung, bei der der Käufer im Optimalfall mindestens 20 Prozent des Kaufpreises selbst trägt. Doch eine Vollfinanzierung hat auch Vorteile: Zum einen bedeutet eine hohe Tilgungsleistung auch eine deutlich frühere Schuldenfreiheit. Zum anderen lässt sich der Traum vom Eigenheim auf diesem Wege deutlich schneller verwirklichen – das mühsame Ansparen des Eigenkapitals entfällt. Doch bevor wir näher auf die konkreten Vor- und Nachteile der Vollfinanzierung eingehen, gilt es zunächst, einige grundlegende Fragen zu beantworten.
Was ist eine Vollfinanzierung und wie funktioniert sie?
Bei einer Vollfinanzierung streckt die Bank alle Kosten eines Immobilienkaufs vor – der Kreditnehmer muss kein Eigenkapital einbringen. Das bedeutet, dass die gewünschte Immobile komplett über einen Kredit erworben wird. Die Vollfinanzierung umfasst dabei allerdings nicht nur die Kreditsumme für den Kaufpreis (beziehungsweise die Baukosten für einen Neubau), sondern auch sämtliche Nebenkosten, die ein Immobilienkauf unweigerlich mit sich bringt. Man spricht hier im Allgemeinen von der sogenannten „110-Prozent-Finanzierung“. Die folgenden Kostenpunkte werden bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital komplett von dem Kreditinstitut übernommen: Die Grunderwerbsteuer
Bei dem Erwerb eines Grundstückes fällt die sogenannte Grunderwerbsteuer an. Der fällige Steuersatz kann je nach Bundesland variieren, liegt meistens jedoch zwischen 3,5 und 6,5 Prozent.Der Eintrag in das Grundbuch
Damit Eigentums- und eventuelle Schuldverhältnisse von Grundstücken auch klar dokumentiert werden können, ist ein Grundbucheintrag notwendig. Die Kosten belaufen sich – zusammen mit den Notarkosten – meist auf rund zwei Prozent des gesamten Kaufpreises.Das Notarhonorar
Da sowohl das Aufsetzen eines Kaufvertrages als auch der Grundbucheintrag und die Beglaubigung des eigentlichen Immobilienkaufs in der Regel kompliziert sind und von einem Notar erledigt werden, muss die Bank auch diese Kosten finanzieren.Die Maklercourtage
Wer nicht selbst bauen, sondern stattdessen eine bereits bezugsfertige Immobilie durch eine Vollfinanzierung erwerben möchte, tut dies meist in Zusammenarbeit mit einem Makler. Die dadurch anfallenden Courtage- beziehungsweise Provisionskosten zählen ebenfalls zu den Nebenkosten, die durch das Kreditinstitut übernommen werden.
Damit die Bank jedoch eine volle Baufinanzierung ohne den Eigenanteil des Käufers gewährt, bedarf es eines entsprechend hohen Einkommens. Die Kreditinstitute sprechen hierbei häufig von der sogenannten „40-Prozent-Regel“. Einfach ausgedrückt: Die monatliche Rate zum Abbezahlen des Kredites darf nicht mehr als 40 Prozent des monatlichen Einkommens des Darlehensnehmers ausmachen. Falls dieser noch weitere Kredite abbezahlen muss, zum Beispiel für das Auto oder für den letzten Urlaub, werden diese mit eingerechnet. Darüber hinaus darf das Register der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (kurz SCHUFA) keine negativen Einträge aufweisen, da diese eine Vollfinanzierung in Gefahr bringen könnten.
Welche Vor- und Nachteile bringt eine Vollfinanzierung mit sich?
Wie bei den meisten Krediten gibt es auch bei der Vollfinanzierung einer Immobilie diverse Vor- und Nachteile. Natürlich spielt hierbei die persönliche finanzielle Situation eine große Rolle und es werden nicht alle genannten Punkte automatisch auf jeden Kreditnehmer zutreffen.70 px
Die Vorteile einer Vollfinanzierung
Die Nachteile einer Vollfinanzierung
Für wen eignet sich die Vollfinanzierung und welche Voraussetzungen gibt es?
Bevor man sich bei der Bank des Vertrauens über eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital informiert, sollte man sich über die notwendigen Voraussetzungen informieren. Neben einer überdurchschnittlich guten Kreditwürdigkeit und einem hohen und sicheren Einkommen muss der potenzielle Hauskäufer auch eine tadellose SCHUFA-Auskunft vorweisen können. Falls zudem noch weitere Kredite oder sonstige Schulden ausstehen, sollten diese erst komplett beglichen werden, bevor man über eine Vollfinanzierung durch die Bank nachdenkt.
Es empfiehlt sich, zumindest die Kaufnebenkosten (wie die Grunderwerbsteuer, den Grundbucheintrag, das Notarhonorar usw.) aus eigener Tasche aufzubringen, da die meisten Banken einer 100-Prozent-Finanzierung eher zustimmen als einer 110-Prozent-Finanzierung. Ebenso sollte sich die gewünschte Immobilie in einem möglichst tadellosen Zustand und im Optimalfall auch in einer guten Lage befinden, da sich so die Chance nochmals erhöht.
Welche Tilgungsmöglichkeiten stehen bei einer Vollfinanzierung zur Auswahl?
Bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital bieten die meisten Banken in der Regel zwei mögliche Tilgungsvarianten an. Dabei handelt es sich zum einen um das sogenannte Annuitätendarlehen, welches häufig auch bei Baufinanzierungen mit Eigenkapital zum Einsatz kommt. Diese Variante hat den Vorteil, dass die monatliche Zinsrate immer gleichbleibt – sofern sich der Sollzinssatz (Stichwort Zinsbindungsfrist) nicht verändert. Zudem fällt der Zinsanteil über die Zeit, während der Tilgungsanteil dementsprechend stetig zunimmt.
Bei der zweiten Variante handelt es sich um ein Festdarlehen mit Tilgungsersatzleistung. Dank dieser Darlehensform muss der Kreditnehmer monatlich nur die Zinsen in Form einer gleichbleibenden Rate an die Bank zurückzahlen. Der Tilgungsanteil kann dann beispielsweise in eine Lebensversicherung eingezahlt werden, die am Ende der Laufzeit des Darlehens ausgezahlt und für die restliche Tilgung verwendet werden kann.
Der große Vergleich: Baufinanzierung mit Eigenkapital vs. Baufinanzierung ohne Eigenkapital
Zum Abschluss möchten wir die drei Finanzierungsmodelle und deren Kosten direkt miteinander vergleichen. Für die Ausgangsrechnung nutzen wir einen Kaufpreis von 250.000 Euro, eine durchschnittliche Tilgung von zwei Prozent und eine Zinsbindung von mindestens 15 Jahren. Aufgrund dieser Annahmen ergibt sich das folgende Bild:
| Baufinanzierung mit Eigenkapital | Vollfinanzierung (100 Prozent) | Vollfinanzierung (110 Prozent) |
---|---|---|---|
Eigenkapital | 50.000 € (20 % des Kaufpreises) | 0 € | 0 € |
Benötigtes Darlehen | 200.000 € | 250.000 € | 275.000 € (inkl. Nebenkosten) |
Effektivzins pro Jahr | 2,9 % | mind. 3,6 % | mind. 3,6 % |
Privatkredit (Nebenkosten) | – | – | 25.000 € |
Effektivzins Privatkredit | – | – | 5,99 % |
Monatsrate Baudarlehen | 816,66 € | 1.166,66 € | 1.291,45 € (inkl. 124,79 € Privatkredit) |
Kosten nach 15 Jahren | 146.998,80 € | 209.998,80 € | 232.461,00 € |
Die beiden Vollfinanzierungsvarianten sind also deutlich teurer als das Baufinanzierungsmodell mit Eigenkapital. Darüber hinaus bietet die Variante mit Eigenkapital im Normalfall auch eine kürzere Laufzeit bis zur Volltilgung (20 Jahre im Vergleich zu rund 30 Jahren bei der Vollfinanzierung). Ebenso muss man bei der 100- beziehungsweise der 110-Prozent-Finanzierung mit wesentlich höheren Zinskosten rechnen. Wer also nicht jahrelang für das Traumhaus sparen möchte, sollte sich dennoch ausreichend Zeit nehmen und die verschiedenen Möglichkeiten miteinander vergleichen – denn so lässt sich verhindern, dass aus dem langersehnten Traum am Ende ein finanzieller Albtraum wird.