Ein Schlüssel im Loch, was bedeutet schlüsselfertig bauen genau?

Schlüsselfertig bauen: so komfortabel wie gedacht?

Der Hausbau geht mit jeder Menge Arbeit einher. Doch statt selbst tatkräftig mitzuhelfen und unterschiedliche Handwerker zu koordinieren, können Bauherren auch den vermeintlich einfacheren Weg wählen und schlüsselfertig bauen lassen. Doch wie komfortabel ist die All-inclusive-Lösung wirklich?

Definition: Was bedeutet „schlüsselfertig“?

Wer sich für ein schlüsselfertiges Haus entscheidet, geht häufig davon aus, dass das Eigenheim nach Fertigstellung der Bauarbeiten umgehend bezogen werden kann. Doch dem ist nicht immer so, denn der Begriff „schlüsselfertig“ ist nicht rechtlich geschützt und entsprechend schwammig. Bauunternehmen können selbst bestimmen, welchen Umfang sie als schlüsselfertig bewerben und verkaufen. Im besten Fall handelt es sich dabei um ein bezugsfertiges Haus, im schlechtesten Fall stehen Sie am Ende vor einem Rohbau.

Wenn Sie nach Fertigstellung wirklich direkt einziehen möchten, sollten Sie ein Angebot wählen, das mit dem Begriff „bezugsfertig“ oder „wohnkomplett“ wirbt. Doch selbst hier sollten Sie die vereinbarten Leistungen im Detail prüfen. Sehen Sie sich genau an, welche Arbeiten im Leistungsumfang des Bauvertrags enthalten sind, welche Materialien dabei verwendet werden und wie „fertig“ das Haus wirklich übergeben wird.

Wer kann schlüsselfertig bauen?

Im Prinzip kann jedes Bauunternehmen schlüsselfertig bauen. Es spielt dabei keine Rolle, ob Sie einen Bauträger mit dem Hausbau auf Ihrem eigenen Grundstück beauftragen oder ob Sie Grundstück und Immobilie aus einer Hand von einem Generalunternehmer kaufen. Der Begriff „schlüsselfertig“ bezieht sich lediglich auf die gewählte Ausbaustufe, die je nach Unternehmen variieren kann.

Es ist auch nicht relevant, ob Sie sich für ein Fertighaus oder Massivhaus entscheiden. Grundsätzlich kann jede Art von Immobilie schlüsselfertig errichtet werden.

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Die Pflichten des Bauherrn beim schlüsselfertigen Bauen

Selbst wenn Sie den Bauvertrag genau studiert haben und das Haus am Ende gänzlich einzugsfertig übergeben wird, so kommen Sie als Bauherr doch nicht um alle Aufgaben herum. Es ist nahezu unmöglich, ein Haus bauen zu lassen, ohne dabei selbst aktiv werden zu müssen.

Zu Ihren Aufgaben als Bauherr zählen unter anderem:

  • Bereitstellung einer verkehrssicheren Baustelle: Als Bauherr sind Sie für alle Bauhelfer und Handwerker verantwortlich, weshalb Sie eine gut abgesicherte Baustelle gewährleisten müssen. Dazu zählt auch, diese regelmäßig zu besuchen und dabei zu kontrollieren, ob alles beim Rechten ist.
  • Bürokratische Aufgaben: Auch um unliebsamen Papierkram kommen Sie bei schlüsselfertigen Häusern nicht herum. So müssen Sie sich als Bauherr selbst um die nötigen Bauanträge kümmern, einen Sicherheits- und Gesundheitskoordinator bestellen und eventuelle Unfälle melden.
  • Abschluss von Versicherungen: Als Bauherr müssen Sie sich selbst und Dritte umfangreich absichern. Benötigt werden meist eine Bauherrenhaftpflichtversicherung (gegen Haftpflichtansprüche Dritter) und eine Bauleistungsversicherung (gegen Schäden an der Immobilie).
  • Abnahme der Immobilie: Als Bauherr müssen Sie die einzelnen Bauabschnitte und auch die fertige Immobilie genau kontrollieren und abnehmen. Auch diese Aufgabe geht mit einem gewissen Zeitaufwand einher.

Gänzlich zurücklehnen können Sie sich eigentlich nur, wenn Sie Grundstück und Immobilie aus einer Hand kaufen. In diesem Fall bleibt der Bauträger während der gesamten Bauphase Bauherr und übernimmt damit alle oben genannten Pflichten. Allerdings hat diese Komfortvariante auch Nachteile: Genau genommen lassen Sie hier gar kein Haus bauen. Stattdessen baut der Bauträger ein Haus und verpflichtet sich dazu, es nach Fertigstellung an Sie zu verkaufen. Für Sie bedeutet das: Da der Bauträger Bauherr bleibt, haben Sie nur ein eingeschränktes Mitspracherecht. So wird der Bauträger Sie zwar vermutlich fragen, welche Bodenbeläge Sie sich wünschen, doch grundsätzlich hat er bei Materialien und anderen derartigen Entscheidungen relativ freie Hand. Auch die Baustelle dürfen Sie hier nicht nach Belieben besichtigen, da das Grundstück zu dem Zeitpunkt noch dem Bauträger und nicht Ihnen gehört.

Vor- und Nachteile beim schlüsselfertigen Bauen

Der klassische Hausbau kostet nicht nur Geld, sondern auch jede Menge Zeit und Nerven. Viele Bauherren entschließen sich daher aus Kostengründen dazu, selbst Hand anzulegen und tatkräftig mitzuwirken. Entscheiden Sie sich für ein schlüssel- bzw. bezugsfertiges Haus, können Sie sich diese Mühe sparen. Stattdessen müssen Sie nur die rechtlichen Pflichten von Bauherren übernehmen. Überlegen Sie sich also, ob Sie vorrangig Geld oder eher Zeit sparen wollen.

Doch es gibt ein paar weitere Vor- und Nachteile, die Sie bedenken sollten. Entscheiden Sie sich für ein schlüsselfertiges Haus, können Sie Eigenleistung nicht als Eigenkapital von der Bank anrechnen lassen. Häufig akzeptieren Kreditinstitute bis zu 15 Prozent der Darlehenssumme als Eigenleistung. Fehlt Ihnen dieser Faktor bei Ihrer Baufinanzierung und bringen Sie ohnehin nur wenig Eigenkapital mit, können die Zinsen aufgrund der schlechten Eigenkapitalquote überdurchschnittlich hoch ausfallen.

Dafür profitieren Sie bei einem schlüsselfertigen Haus jedoch von einer besseren Planbarkeit. Professionelle Bauträger können Kosten und Dauer sehr viel besser einschätzen als unerfahrene Bauherren. Wollen Sie aus Kostengründen möglichst viele Gewerke selbst koordinieren und aktiv auf dem Bau mithelfen, können kleinere Fehlplanungen große Auswirkungen haben. Wird etwa ein Handwerker nicht rechtzeitig fertig, kann dies andere Gewerke behindern. Dadurch zieht sich zum einen die Bauzeit in die Länge, zum anderen können so hohe Mehrkosten auf Sie zukommen. Im Bauvertrag für schlüsselfertige Häuser sind hingegen meist ein Festpreis und ein verbindlicher Fertigstellungstermin enthalten.

Vorteile des schlüsselfertigen Bauens im Überblick

Hohe Zeitersparnis
Kaum Arbeit
Verbindlicher Fertigstellungstermin
Keine unvorhergesehenen Mehrkosten
Wenig fehleranfällig

Nachteile des schlüsselfertigen Bauens im Überblick

Höhere Gesamtkosten
Eigenleistung kann nicht in die Finanzierung eingebracht werden
Detaillierte Prüfung des Bauvertrags nötig
Mehrkosten bei spontanen Änderungswünschen
Nur eingeschränktes Rundum-sorglos-Paket: Bauherrenpflichten bleiben erhalten

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Was kostet ein schlüsselfertiges Haus?

Jedes Haus ist individuell, weshalb an dieser Stelle keine konkreten Preise genannt werden können. Wie teuer Ihr Haus am Ende wird, hängt von zahlreichen Faktoren ab, darunter folgende:

  • Bauweise: Massivhäuser sind in der Regel teurer als Fertighäuser.
  • Ausstattung: Genügt Ihnen die Standardausstattung oder legen Sie Wert auf besonders hochwertige Materialien und ausgefallene Design-Features?
  • Größe: Je weniger Wohn- und Nutzfläche, desto günstiger ist das Haus.

Wenn Sie Ihr Eigenheim bezugsfertig bauen lassen, dann müssen Sie meist mit etwas höheren Kosten rechnen, als wenn Sie sich für einen reinen Rohbau entscheiden und anschließend selbst Hand anlegen. Dafür profitieren Sie bei schlüsselfertigen Häusern wiederum von einer zuverlässigeren Kostenschätzung. Erfahrene Bauträger haben zahlreiche Vergleichswerte und können Ihnen sehr genau sagen, was Ihr zukünftiges Eigenheim kosten wird.

Finanzierung beim schlüsselfertigen Hausbau

Grundsätzlich unterscheidet sich die Finanzierung schlüsselfertiger Häuser nicht sonderlich von der regulären Baufinanzierung. Meist handelt es sich auch hier um ein klassisches Annuitätendarlehen. Das bedeutet, dass Sie mit der Bank eine gleichbleibende monatliche Rate vereinbaren, die zum Teil aus Zinsen und zum Teil aus Ihrer Tilgungsrate besteht. Mit der Zeit reduziert sich so die Restschuld. Sollte das Darlehen am Ende der vereinbarten Zinsbindung noch nicht abbezahlt sein – wie es bei Immobilien durchaus üblich ist –, benötigen Sie eine Anschlussfinanzierung.

Einen kleinen Unterschied gibt es allerdings zum Erwerb einer Bestandsimmobilie: Anders als beim Hauskauf überweist Ihnen die Bank den vereinbarten Betrag nicht auf einen Schlag. Stattdessen erfolgt die Auszahlung des Darlehens Schritt für Schritt: Nach jedem vollendeten Bauabschnitt gibt die Bank den nötigen Betrag frei. Bei schlüsselfertigen Häusern ist das Ganze noch etwas einfacher als beim eigenständigen Hausbau: Hier kann die Bank anhand des vom Bauträger vorgelegten Finanzierungsplans frühzeitig die einzelnen Finanzierungsschritte planen. Auch der fix vereinbarte Fertigstellungstermin erleichtert die Finanzierung.

Abnahme und Schlüsselübergabe

Ist endlich der langersehnte Tag gekommen, an dem Sie zur finalen Abnahme Ihres Traumhauses bestellt werden, sollten Sie einen kühlen Kopf bewahren. Lassen Sie sich nicht von Ihren Emotionen übermannen, denn die fertige Immobilie sollte vor der Schlüsselübergabe auf Herz und Nieren geprüft werden. Halten Sie den Bauvertrag bereit und planen Sie ausreichend Zeit für die Abnahme ein. Prüfen Sie dabei beispielsweise, ob alle vereinbarten Bauschritte ausgeführt wurden. Kontrollieren Sie außerdem, ob auch wirklich die Materialien verwendet wurden, die im Bauvertrag stehen. Sparen Sie hier nicht an der falschen Stelle und ziehen Sie einen unabhängigen Gutachter zu Rate.

Der Bauleiter wird mit Ihnen die Immobilie vollständig abgehen und dabei auch ein Bauabnahmeprotokoll führen. Hier wird alles eingetragen, was Sie noch zu beanstanden haben. Der Bauleiter kümmert sich anschließend um die Nachbesserung. So gern Sie auch direkt einziehen wollen: Nehmen Sie das Haus erst final ab, wenn wirklich alles erledigt ist. Ist dies geschehen, beginnt automatisch die Verjährungsfrist für Mängel zu laufen. Sie haben dann insgesamt 5 Jahre lang Zeit, um Baumängel zu melden. Allerdings liegt die Beweislast ab dem Moment der Abnahme bei Ihnen als Eigentümer. Sie müssen also belegen können, dass es sich wirklich um einen Baumangel handelt – und das ist nicht immer einfach.

Fazit: Schlüsselfertiges Bauen ist nur ein eingeschränktes Rundum-sorglos-Paket

Bauvertrag unterzeichnen, einige Monate warten und dann direkt das bezugsfertige Eigenheim beziehen: So komfortabel stellen sich die meisten Bauherren schlüsselfertiges Bauen vor. Leider ist dem nicht immer so. Zum einen sollte Ihnen bewusst sein, dass der Begriff nicht rechtlich geschützt ist. Prüfen Sie den vereinbarten Leistungsumfang nicht eingehend, könnten Sie am Ende vor einem „schlüsselfertigen“ Rohbau stehen. Zum anderen können Sie Ihre Pflichten als Bauherr nur bedingt auf einen Bauträger übertragen: Zwar müssen Sie beim schlüsselfertigen Bauen oft nicht selbst Hand anlegen, doch sind Sie als Bauherr unter anderem für die Sicherung der Baustelle, den Abschluss der nötigen Versicherungen und einige andere Tätigkeiten zuständig. Ein wirkliches Rundum-sorglos-Paket erhalten Sie nur dann, wenn Sie Grundstück und Immobilie aus einer Hand erwerben: Allerdings haben Sie dabei nur bedingt Mitspracherecht, da die Immobilie offiziell erst nach ihrer Fertigstellung Ihnen gehört. Überlegen Sie sich vorher also gut, welcher Weg wirklich zu Ihnen passt.

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Bildnachweis: ArmanMkrtchyan / Shutterstock.com

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