Ein Ehepaar bei einer Beraterin, sie möchten die Baufinanzierung vorzeitig kündigen

Kann ich die Baufinanzierung vorzeitig kündigen?

Mit dem Abschluss einer Baufinanzierung gehen Sie eine langfristige, vertragliche Bindung ein. Möchten Sie den Darlehensvertrag vorzeitig kündigen, liegt es prinzipiell im Ermessen der Bank, Sie früher aus dem Vertrag zu entlassen. Dennoch kann es in bestimmten Situationen möglich sein, die Baufinanzierung zu kündigen. Wann eine einseitige Kündigung Ihrer Baufinanzierung sogar ohne Zusatzkosten möglich sein kann, erfahren Sie im Folgenden.

Baufinanzierung kündigen: Diese Möglichkeiten gibt es

Nach dem Abschluss einer Baufinanzierung stellen Sie als Bauherr nach einiger Zeit eventuell fest, dass das angenommene Finanzierungsangebot zu teuer war. Schnell kommt dann der Gedanke auf, die bestehende Baufinanzierung durch einen neuen, günstigeren Baukredit abzulösen.

Leider ist das nicht immer möglich. Schließlich gehen Sie mit einer Baufinanzierung eine langfristige Bindung ein. Prinzipiell ist dabei keine Berechtigung Ihrerseits vorgesehen, den Vertrag einseitig und nach Belieben vorzeitig zu beenden. Zur vorzeitigen Kündigung der Baufinanzierung ist daher eine im Vorfeld getroffene vertragliche Kündigungsoption oder das Einverständnis Ihres Kreditgebers erforderlich.

Darüber hinaus kann es allerdings bestimmte Situationen und Umstände geben, die Ihnen eine vorzeitige Kündigung Ihrer Baufinanzierung ermöglichen. Es sind 2 Szenarien zu unterscheiden:

Baufinanzierung kündigen ohne Vorfälligkeitsentschädigung

  • Nach 10 Jahren Laufzeit der Baufinanzierung steht Ihnen gesetzlich ein Sonderkündigungsrecht auch ohne vertragliche Vereinbarung zu.

Baufinanzierung kündigen mit Vorfälligkeitsentschädigung

Dieser Fall kann in folgenden Situationen eintreten:

  • Eine Kündigung der Baufinanzierung im Falle eines Immobilienverkaufs
  • Eine vorzeitige Kündigung bei Beleihung der Immobilie
  • Ohne besondere Umstände in beiderseitigem Einvernehmen

Im Folgenden lesen Sie die Voraussetzungen und Konsequenzen einer vorzeitigen Kündigung Ihrer Baufinanzierung in diesen 4 speziellen Fällen.

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Baufinanzierung mit Sonderkündigungsrecht ohne Vorfälligkeitsentschädigung kündigen

Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht in § 489 I Nr. 1 die Möglichkeit vor, einen laufenden Immobilienkredit vorzeitig zu beenden. Das Sonderkündigungsrecht ist dabei an folgende Bedingungen geknüpft:

  • Die zu kündigende Baufinanzierung muss bereits mindestens 10 Jahre laufen.
  • Sie müssen eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einhalten.

Für welchen Zeitraum Ihre Sollzinsbindung noch läuft, ist für das Sonderkündigungsrecht unerheblich.

Nehmen Sie Ihr Sonderkündigungsrecht wahr, darf die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen. Das bedeutet für Sie: Sie können den Baufinanzierungsvertrag ohne Zusatzkosten vorzeitig beenden. So erhalten Sie die Möglichkeit, Ihre Baufinanzierung nach 10 Jahren zu günstigeren Konditionen abzulösen.

Sonderkündigungsrecht wahrnehmen und Baufinanzierung ablösen: So gehen Sie vor

Möchten Sie Ihr Sonderkündigungsrecht wahrnehmen und Ihre Baufinanzierung vorzeitig beenden, ist es wichtig, einige Regeln und Fristen zu beachten. Am einfachsten ist es, wenn Sie bei der Kündigung nach mindestens 10 Jahren folgendermaßen vorgehen:

  • Kündigungsdatum ermitteln: Im ersten Schritt gilt es herauszufinden, zu welchem Datum Ihre Baufinanzierung kündbar ist. Hierbei ist wichtig zu beachten: Die 10-Jahres-Frist bezieht sich nicht auf das Abschlussdatum. Vielmehr ist das Datum ausschlaggebend, an dem der Kredit vollständig ausgezahlt wurde. Diesbezüglich haben Sie in der Vergangenheit eine schriftliche Bestätigung Ihrer Bank erhalten. Sind seit dem Auszahlungsdatum 10 Jahre vergangen, ist der Vertrag kündbar.
  • Überprüfen Sie, ob es Vertragsänderungen gegeben hat: Sollten Sie zwischenzeitlich Änderungen an Ihrer Baufinanzierung mit der Bank vereinbart haben und zu diesem Zweck Unterschriften geleistet haben, beginnt die 10-Jahres-Frist mit der Vertragsänderung erneut. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn Sie Ihre Baufinanzierung nach Ablauf der Zinsbindungsfrist verlängert haben.
  • Kündigungstermin ermitteln: Ist Ihr Vertrag zwischenzeitlich nicht verändert worden und die 10-Jahres-Frist seit der Vollauszahlung abgelaufen, können Sie den Vertrag kündigen. Hierbei ist eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten. Beispiel: Ist die Baufinanzierung am 01.06.2011 vollständig ausbezahlt worden, so ist sie frühestens zum 02.06.2021 und mit einer Frist von 6 Monaten kündbar. Wenn Sie also am 02.06.2021 kündigen, läuft Ihre Baufinanzierung am 02.12.2021 aus.
  • Kündigungsschreiben verfassen: Haben Sie ermittelt, zu welchem Termin Ihre Baufinanzierung kündbar ist, können Sie die schriftliche Kündigung an Ihre Bank verfassen. Dabei ist es wichtig, in Ihrem Kündigungsschreiben Ihre Darlehensnummer anzugeben. Die Darlehensnummer finden Sie in Ihrem Immobilienkreditvertrag. Außerdem wichtig: Haben Sie das Darlehen gemeinsam mit einem weiteren Darlehensnehmer (z.B. Ihrem Ehepartner) aufgenommen, muss auch dieser die Kündigung unterzeichnen.
  • Anschlussfinanzierung finden: Die Zeit der sechsmonatigen Kündigungsfrist sollten Sie nutzen, um sich nach einer Anschlussfinanzierung umzusehen. Sofern Sie nicht genug Eigenkapital besitzen, ist die Anschlussfinanzierung erforderlich, um die in 6 Monaten fällig werdende Restschuld in voller Höhe begleichen zu können.
  • Restschuld ablösen: Mit Ablauf der Kündigungsfrist (im Beispiel am 02.12.2021), muss die Restschuld bei der alten Bank beglichen werden. Sie ist innerhalb von 2 Wochen zahlbar. Für den Beispielfall bedeutet das: Die gesamte Restschuldsumme muss am 15.12.2021 um 23:59 Uhr bei der bisherigen Bank eingegangen sein. Achten Sie genau darauf, diese Frist einzuhalten, um Strafzinsen und Bearbeitungsgebühren zu vermeiden.

Wann lohnt es sich, das Sonderkündigungsrecht in Anspruch zu nehmen?

Stellt sich nach einigen Jahren heraus, dass die vorhandene Baufinanzierung zu teuer ist, können die Inanspruchnahme des Sonderkündigungsrechts und ein Wechsel des Immobilienkredits sinnvoll sein. So haben Sie die Möglichkeit, bei Ihrer neuen Baufinanzierung von günstigeren Zinssätzen zu profitieren und weitere Vertragsbestandteile wie Sondertilgungsrechte zu optimieren.

Zu bedenken ist allerdings: Im Rahmen einer Umschuldung muss auch die im Grundbuch eingetragene Grundschuld auf die neue Bank übertragen werden. Hierfür fallen zusätzliche Notarkosten und Grundbuchkosten an.

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Die Baufinanzierung im Falle eines Immobilienverkaufs vorzeitig kündigen

Wenn Sie Wohneigentum verkaufen möchten, den Baufinanzierungskredit aber noch nicht vollständig abbezahlt haben, so können Sie Ihre Finanzierung vorzeitig kündigen. Die Bank ist dann dazu verpflichtet, Sie aus dem Finanzierungsvertrag zu entlassen.

Selbstverständlich müssen Sie bei Auflösung des Finanzierungsvertrages Ihre Restschuld sofort begleichen. Hierzu können Sie den Erlös einsetzen, den Sie mit dem Immobilienverkauf erzielen.

Außerdem müssen Sie im Falle der vorzeitigen Auflösung Ihrer Baufinanzierung mit weiteren Kosten rechnen. Zwar entlässt Sie die Bank aus dem Vertrag, dies geschieht aber regelmäßig nicht kostenlos. Stattdessen berechnet die Bank für die vorzeitige Vertragsbeendigung eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung. Mit dieser werden finanzielle Einbußen durch die entgangenen Zinseinnahmen kompensiert, welche der Bank durch die vorzeitige Vertragsbeendigung entstehen.

Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung ist im Zusammenhang mit Baufinanzierungen gesetzlich nicht begrenzt. Nicht selten werden daher über 10 Prozent der Restschuld als Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.

Die Baufinanzierung bei Beleihung der Immobilie kündigen

Ähnlich wie im Falle eines Immobilienverkaufs haben Sie auch dann die Möglichkeit, Ihre Baufinanzierung vorzeitig zu kündigen, wenn Sie Ihre Immobilie anderweitig beleihen. Das gilt laut BGH-Urteil zumindest dann, wenn Sie die Immobilie als Sicherheit für einen Kredit einsetzen möchten, den Ihnen eine andere, nicht aber Ihre bisherige Bank gewährt. Auch in diesem Fall ist Ihre bisherige Bank berechtigt, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen.

Eine Baufinanzierung in beiderseitigem Einvernehmen kündigen

Auch wenn kein vertragliches Kündigungsrecht vereinbart wurde, die Auszahlung nicht bereits 10 Jahre zurückliegt und die finanzierte Immobilie weder verkauft noch anderweitig beliehen wird, gibt es die Möglichkeit, vorzeitig aus dem Vertrag auszutreten. Dazu muss die finanzierende Bank allerdings zustimmen. Im Gegensatz zu den bisher aufgeführten Fällen ist sie dazu in diesem Fall jedoch nicht verpflichtet. In der Regel wird sie dennoch ein Angebot unter Berücksichtigung einer Vorfälligkeitsentschädigung machen.

Baufinanzierung kündigen – Ihre Möglichkeiten zusammengefasst

Wer eine Baufinanzierung abgeschlossen hat, ist prinzipiell an diese gebunden. Eine vorzeitige Beendigung ist nur mit Zustimmung der Bank möglich. Etwas anderes gilt dann, wenn die Auszahlung des Darlehens mehr als 10 Jahre zurückliegt oder ein Kündigungsrecht ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde. In beiden Fällen wird keine Vorfälligkeitsentschädigung fällig.

Sofern Sie Ihre Immobilie veräußern oder beleihen, muss die Bank ebenfalls der vorzeitigen Kündigung zustimmen, darf aber eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen.

Wenn keine dieser Bedingungen erfüllt ist, liegt es an der Bank, einer vorzeitigen Kündigung zuzustimmen. Auch in diesem Fall wird sie eine Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung stellen.

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