Ein Riss im Beton, dies zählt zu den Baumängeln

Baumängel entdeckt: Wie Sie jetzt reagieren sollten

Im besten Fall sind es nur die falschen Fliesen, im schlimmsten Fall sind es Probleme mit der Statik: Bei so gut wie jedem Bau treten Baumängel auf. So geht der Bauherren-Schutzbund e. V. sogar davon aus, dass es in einem Neubau durchschnittlich zu 23 Baumängeln kommt. Wenn auch Sie einen Baumangel entdeckt haben, sollten Sie schnell handeln und diesen ordnungsgemäß und fristgerecht anzeigen.

Was ist ein Baumangel?

Ein Baumangel liegt immer dann vor, wenn der Ist-Zustand vom vereinbarten Soll-Zustand abweicht. Da jedem Bauvorhaben ein detaillierter Bauvertrag zugrunde liegt, kann dies relativ genau überprüft werden. Wurden im Badezimmer beispielsweise andere Fliesen angebracht als vertraglich vereinbart, handelt es sich ganz klar um einen Baumangel. Es spielt dabei keine Rolle, ob die abweichenden Fliesen höherwertig sind oder nicht.

Während einige Baumängel – wie etwa schräg angebrachte Bodenleisten – eher leicht auszubessern sind, können andere zu größeren Folgeproblemen führen. Wurde bei der Dämmung beispielsweise am Material gespart oder kam es zu Fehlern, können sich schnell Schimmel und Feuchtigkeit breitmachen. Um die Auswirkungen von Baumängeln besser einschätzen zu können, werden diese daher in 3 Kategorien eingeteilt.

Unwesentliche Baumängel

Zwar weicht auch bei unwesentlichen Baumängeln der Ist-Zustand vom Soll-Zustand ab, doch wird das Gebäude an sich dadurch nicht beeinträchtigt. Ein unwesentlicher Baumangel liegt etwa dann vor, wenn im Bad die falschen Armaturen angebracht wurden, diese aber ordnungsgemäß funktionieren. Bei unwesentlichen Baumängeln können Sie als Bauherr die Abnahme nicht verweigern. Allerdings können Sie auf Nachbesserung bestehen oder mit dem Bauträger als Kompromiss eine Preisreduzierung vereinbaren.

Wesentliche Baumängel

Ein wesentlicher Baumangel hindert Sie daran, Ihre Immobilie so zu nutzen wie vereinbart. Häufig spricht man hier auch von Baupfusch. Zu den wesentlichen Baumängeln zählen beispielsweise Wände, die an der falschen Stelle eingezogen wurden. Auch wenn ein ganzes Stockwerk schlicht vergessen wurde, ist von einem wesentlichen Baumangel die Rede. Oft ergibt sich bei wesentlichen Baumängeln auch ein hohes Risiko für Folgeschäden, etwa wenn das Dach nicht richtig abgedichtet wurde und infolgedessen Feuchtigkeit ins Haus eindringt. Wenn Sie als Bauherr wesentliche Baumängel entdecken, sollten Sie diese direkt zur Anzeige bringen und die finale Abnahme verweigern. Denn ist das Haus erst einmal abgenommen, müssen Sie als Bauherr nachweisen, dass der Mangel schon immer da war und dass Sie diesen nicht selbst verschuldet haben.

Verdeckte oder versteckte Baumängel

Ein versteckter Baumangel lag bereits zum Zeitpunkt der Abnahme vor. Diese Art von Baumängeln zeichnet sich dadurch aus, dass sie für Laien kaum zu entdecken ist. Hierbei kann es sich beispielsweise um Risse im Putz handeln, die gekonnt übermalt wurden und so für das bloße Auge nicht sichtbar sind. Um verdeckte Baumängel möglichst frühzeitig aufzudecken, sollten Sie einen unabhängigen Gutachter zurate ziehen. Dieser prüft die Immobilie auf Herz und Nieren.

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Fristen: Bis wann kann ich Baumängel melden?

Grundsätzlich sollten Sie eines bedenken: Je früher Sie einen Baumangel melden, desto besser. Im Idealfall fällt Ihnen der Fehler sogar noch vor oder während der offiziellen Abnahme auf. Dann liegt die Beweislast beim Bauträger und in den meisten Fällen wird dieser schlicht nachbessern und den Mangel beseitigen. Zeigt sich der Mangel erst nach der Abnahme, so können Sie sich auf die gesetzliche Gewährleistungsfrist berufen. Baumängel können Sie gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) bis zu 5 Jahre nach der Abnahme noch melden. Bei öffentlichen Bauverträgen nach Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) verkürzt sich die Gewährleistungsfrist auf 4 Jahre. In beiden Fällen hat dann allerdings die sogenannte Beweislastumkehr stattgefunden: Zeigen Sie einen Mangel erst nach der Abnahme an, müssen Sie als Eigentümer der Immobilie nachweisen, dass dieser schon immer vorgelegen hat. Das gestaltet sich häufig schwieriger als gedacht.

Bei arglistig verschwiegenen Mängeln verlängert sich die Frist um bis zu 30 Jahre. Hier gilt: Nachdem Sie den Mangel entdeckt haben, bleiben Ihnen 3 Jahre, um diesen zur Anzeige zu bringen. Arglistig verschwiegene Mängel sind jedoch nicht mit versteckten Mängeln zu verwechseln. Letztere waren zum Zeitpunkt der Abnahme zwar vorhanden, aber niemandem bekannt. Bei arglistig verschwiegenen Mängeln weiß der Bauträger von seinem Fehler, verschweigt diesen aber bewusst. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn er aus Kostengründen auf sehr viel günstigere Materialien umgestiegen ist und abzusehen war, dass diese auf lange Sicht nicht standhalten.

Baumangel melden: Fristen im Überblick

  • Reguläre Baumängel: bis 5 Jahre nach Abnahme bei privaten Bauverträgen, bis 4 Jahre nach Abnahme bei öffentlichen Bauverträgen nach VOB
  • Arglistig verschwiegene Mängel: Verlängerung der Gewährleistungsfrist auf bis zu 30 Jahre, Meldung spätestens 3 Jahre nach Kenntnisnahme des Mangels

Wie melde ich Baumängel?

Ganz gleich, ob Sie einen Baumangel bereits während des Baus oder erst nach der Abnahme entdecken: Bei der Mängelanzeige können Sie sich immer an der folgenden 2-Schritt-Anleitung orientieren.

Schritt 1: Dokumentation des Mangels

Rissige Wände, undichte Fenster oder mangelhafter Schallschutz: Tritt ein Baumangel zutage, so sollten Sie diesen möglichst detailliert dokumentieren. Halten Sie genau fest, wann Sie den Mangel festgestellt haben und wodurch sich dieser auszeichnet. Fertigen Sie unbedingt auch Fotos und gegebenenfalls Videos vom Mangel an. Diese Dateien können Sie der schriftlichen Mängelrüge als Beweismittel hinzufügen. Bei besonders schwerwiegenden Mängeln können Sie auch ein externes Gutachten in Auftrag geben.

Schritt 2: Schriftliche Mängelrüge

Wenden Sie sich mit einer Baumängelrüge schriftlich an das zuständige Bauunternehmen. Eine bestimmte Form muss die Mängelanzeige nicht haben, doch sollte das Schreiben die folgenden Punkte enthalten:

  • Name der beteiligten Parteien
  • Datum
  • Projektbezeichnung
  • Verweis auf Bauvertrag
  • Mängelbeschreibung und Beweise (Fotos, Videos, Gutachten)
  • Aufforderung zur Nachbesserung innerhalb einer angemessenen Frist
  • Hinweis darauf, was nach Ablauf der Frist folgt (z. B. Selbstvornahme und Kostenübertragung, Zurückbehaltung der voraussichtlichen Kosten, Schadensersatzansprüche, Rücktritt vom Kaufvertrag)

Leider gibt das Gesetz nicht vor, welche Frist als „angemessen“ angesehen werden kann. Bei geringfügigen Baumängeln – wie etwa schlecht verlegtem Parkett – sollten 14 Tage genügen. Bei wesentlichen Baumängeln sollten Sie die Frist entsprechend verlängern.

Um sicherzugehen, dass die Mängelrüge auch wirklich beim Bauunternehmen ankommt und die Frist zur Nachbesserung somit in Gang gesetzt wird, sollten Sie sich für einen sicheren Versandweg entscheiden. Beim Einwurf-Einschreiben dokumentiert beispielsweise die Post für Sie die Zustellung. Der Bauträger kann so später nicht behaupten, Ihre Mängelrüge nie erhalten zu haben.

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Bauunternehmer verweigert Mängelbeseitigung: Wie kann ich mich wehren?

Haben Sie die Mängelrüge verschickt, heißt es zunächst: abwarten. Kleinere Mängel wird der Bauträger vermutlich problemlos beseitigen. Dennoch kommt es häufig dazu, dass die Frist verstreicht und das Bauunternehmen untätig geblieben ist. Ist dies auch bei Ihnen der Fall, sollten Sie schnell handeln. Sie haben hier mehrere Möglichkeiten:

  • Kompromiss finden: Verstehen Sie sich grundsätzlich gut mit dem Bauträger und gehen Sie davon aus, dass die verstrichene Frist auf ein Missverständnis oder Ähnliches zurückzuführen ist, können Sie einen Kompromiss anstreben. Bei unwesentlichen Baumängeln können Sie beispielsweise eine Preisreduzierung aushandeln und dafür nicht auf Nachbesserung bestehen.
  • Nachfrist setzen: Auch diese Variante sollten Sie nur wählen, wenn Sie grundsätzlich ein gutes Verhältnis zu Ihrem Bauträger pflegen. Streben Sie weiterhin die Nachbesserung an, können Sie dem Bauunternehmer mit einem zweiten Schreiben eine Nachfrist setzen und ihm so etwas mehr Zeit einräumen.
  • Zurückhaltungsrecht: Haben Sie den Mangel noch vor der Abnahme entdeckt und ist die Immobilie noch nicht bezahlt, so können Sie von Ihrem Zurückhaltungsrecht Gebrauch machen. Dabei behalten Sie einen gewissen Betrag ein und geben diesen erst frei, wenn der Mangel beseitigt wurde. Halten Sie jedoch maximal das Doppelte der voraussichtlichen Kosten für die Mängelbeseitigung ein. Ansonsten könnten Sie in Zahlungsverzug geraten und es drohen Strafzinsen.
  • Selbstvornahme: Bleibt eine Reaktion des Bauunternehmens aus und wollen Sie den Mangel schnell und unproblematisch beseitigt haben, so können Sie auch selbst einen Handwerker beauftragen und die Kosten dafür dem Bauunternehmen in Rechnung stellen.
  • Schadensersatz fordern: Ein Baumangel kann auch Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Wollten Sie die Immobilie beispielsweise ab einem bestimmten Zeitpunkt vermieten und steht der Baumangel diesem Vorhaben im Weg, so haben Sie als Vermieter Mieteinbußen. Für diese haftet das Bauunternehmen.
  • Rücktritt vom Kaufvertrag: Der Rücktritt vom Vertrag ist der letzte Ausweg und wird in der Regel nur dann ins Auge gefasst, wenn ein schwerer Baumangel vorliegt, der nicht beseitigt werden kann.

Finden Sie schlicht keine Lösung und weigert sich das Bauunternehmen beharrlich, den Mangel zu beseitigen oder die Kosten für die Selbstvornahme zu tragen, so bleibt leider oft nur der Gang vor Gericht. Allerdings gilt hier, dass das Bauunternehmen die Auseinandersetzung vor Gericht ablehnen darf, wenn die voraussichtlichen Anwalts- und Gerichtskosten in keinem Verhältnis zu den Mängelbeseitigungskosten stehen. In einem solchen Fall sollten Sie sich Hilfe von einem Anwalt holen, um Ihre Erfolgschancen einschätzen zu lassen.

Gekauft wie gesehen: Baumängel in Bestandsimmobilien

Manche Baumängel treten erst nach einigen Jahren zu Tage, weshalb auch ältere Bestandsimmobilien nicht davor geschützt sind. Rein rechtlich gesehen muss der Verkäufer Ihnen die Immobilie „frei von Sachmängeln“ übergeben (Paragraf 434 Bürgerliches Gesetzbuch). Die meisten Verkäufer schließen die Gewährleistung per Kaufvertrag jedoch aus. Dort findet sich dann häufig die Klausel „gekauft wie gesehen“.

Entdecken Sie nach Unterzeichnung des Kaufvertrags Mängel, so müssen Sie diese in der Regel hinnehmen. Das gilt vor allem bei offensichtlichen Mängeln, die Sie oder ein von Ihnen beauftragter Sachverständiger im Rahmen einer eingehenden Besichtigung hätte entdecken können. Anders verhält es sich jedoch bei arglistig verschwiegenen Mängeln: Haben Sie den Verkäufer beispielsweise direkt gefragt, wann das Dach zuletzt erneuert wurde, und hat dieser den Zustand des Dachs in seiner Antwort beschönigt, so können Sie sich auf Ihre Gewährleistungsrechte berufen. Auch hier können Sie Nachbesserung sowie gegebenenfalls Schadensersatz verlangen. Der Rücktritt vom Kaufvertrag ist bei größeren verschwiegenen Baumängeln ebenso möglich.

Fazit: Baumängel rechtzeitig melden

Wer ein Haus baut, muss wohl oder übel mit Baumängeln rechnen. Doch als Bauherr müssen Sie diese nicht einfach so hinnehmen. Ihnen stehen gesetzliche Gewährleistungsrechte zu, die Sie oft sogar noch nach der Abnahme geltend machen können. Haben Sie einen Mangel entdeckt, sollten Sie diesen umgehend schriftlich melden. Sie können dann auf Nachbesserung bestehen oder einen Rabatt aushandeln. Doch Vorsicht: Fällt Ihnen der Mangel erst nach der Abnahme der Immobilie auf, müssen Sie als Bauherr beweisen, dass er schon immer existiert hat. Nehmen Sie die Abnahme daher nicht auf die leichte Schulter und holen Sie sich gegebenenfalls Unterstützung von einem erfahrenen Gutachter.

Bildnachweis: ssbooklet / Shutterstock.com

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