Eine Diskussion mit Mitgliedern der Gutachterausschüsse

Was sind die Gutachterausschüsse?

Ist das Angebot für eine Immobilie angemessen, zu hoch oder zu niedrig angesetzt? Zum Beantworten dieser Frage sind Kenntnisse über den lokalen Markt unerlässlich. Schließlich wird der Wert des Objekts nicht nur von dessen Eigenschaften, sondern auch vom Preisniveau vor Ort beeinträchtigt. Transparenz schaffen Gutachterausschüsse, die es in Landkreisen, Gemeinden und kreisfreien Städten gibt. Erfahren Sie hier, welche Aufgaben diese Gremien übernehmen, seit wann sie tätig sind und welche Bedeutung sie für Baufinanzierungen haben.

Organisation und Prinzipien der Gutachterausschüsse

Im Jahr 1960 wurde das Bundesbaugesetz eingeführt, das heute unter der Bezeichnung Baugesetzbuch (BauGB) bekannt ist. Im Zuge dessen entstanden die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte, die seitdem ihren Aufgaben nachgehen. Dabei existiert eine Hierarchie: Den Oberen Gutachterausschüssen (OGA) der Bundesländer sind die örtlichen Gutachterausschüsse (GA) auf regionaler Ebene untergeordnet. Jedes Gremium verfügt über einen Vorsitzenden und mehrere bestellte Gutachter. Die Mitglieder müssen sich durch Fachwissen im Immobiliensegment auszeichnen. Sachverständige im Gutachterausschuss sind unter anderem wie folgt beruflich tätig:

  • als Architekten
  • als Bankfachwirte
  • als Bausachverständige
  • als Betriebswirte
  • als Experten für Landmanagement
  • als Vermessungsingenieure
  • in verschiedenen Rollen in der Immobilienwirtschaft

Ein Gutachterausschuss ist niemals weisungsgebunden und agiert stets selbstständig sowie unabhängig. Bestellt werden die Mitglieder durch die jeweilige Landesbehörde für einen begrenzten Zeitraum. Damit sich keine Interessenskonflikte ergeben, darf keiner der Beauftragten behördlich für die Verwaltung von Immobilien zuständig sein. Gutachterausschüsse arbeiten ehrenamtlich und damit unentgeltlich. Sie besitzen eine eigene Geschäftsstelle, die häufig an das Kataster- oder Bauamt angeschlossen ist.

Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte und seine Hauptaufgaben

Die Aufgaben eines Gutachterausschusses definiert das Baugesetzbuch als dafür wichtigstes gesetzliches Schriftstück. Allgemein zusammengefasst besteht der Auftrag im Wesentlichen darin, den Immobilienmarkt zu beobachten und Transparenz zu schaffen. Von besonderer Bedeutung sind dabei 3 Tätigkeitsfelder.

Die Führung der Kaufpreissammlung ist als Basis für die Aufgaben der Behörde zu verstehen. Die Mitglieder im Gutachterausschuss werden über alle abgeschlossenen Immobilienkäufe informiert. Verantwortlich zeichnen dafür wiederum Notare. Sie reichen eine Abschrift jedes Vertrags bei der zuständigen Behörde ein. Neben Käufen sind davon auch die Begründung von Erbbaurechten und Tauschverträge eingeschlossen. Außen vor bleiben von Unternehmen getätigte Verkäufe. Würde beispielsweise eine Wohngesellschaft Objekte veräußern, würde das die Statistiken verzerren, weshalb keine Relevanz für den Gutachterausschuss besteht.

Die Zuständigen werten die zugesandten Informationen anschließend aus. Die Kaufpreissammlung ist eine Datenbank, in welche die Angaben aus den Verträgen anonymisiert eingetragen werden. Somit lassen sich Vergleichspreise leichter bestimmen. Dennoch dient die Kaufpreissammlung lediglich zur Orientierung. In letzter Konsequenz beeinflusst das Verhältnis aus Nachfrage und Angebot den tatsächlichen Preis.

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Der Gutachterausschuss ermittelt zudem den Bodenrichtwert. Das ist ein Durchschnittswert, der für bestimmte Gebiete – sogenannte Richtwertzonen – gilt. Bestimmt wird er aus den zusammengetragenen Kaufpreisen für Grund und Boden. Berücksichtigung finden dabei zusätzlich Kriterien wie die Lage, der Erschließungsgrad und die Möglichkeit zur Bebauung. Bodenrichtwerte des Gutachterausschusses können für einen kompletten Stadtteil, eine Ortschaft, ein Viertel oder auch nur eine Straße festgestellt werden. Nicht von Bedeutung ist dabei, ob sich ein Gebäude auf dem Grundstück befindet – sie werden alle behandelt, als seien sie unbebaut. Die Kalkulation des Bodenrichtwerts erfolgt im Rhythmus von 2 Jahren.

Jährlich fertigt der Gutachterausschuss für Grundstückswerte einen Marktbericht an. Es handelt sich dabei um eine statistische Auswertung der vergangenen 12 Monate. Erfasst werden dabei insbesondere die Umsätze auf dem Grundstücksmarkt. Dabei nehmen jeweils die regionalen Ausschüsse sowie der Obere Gutachterausschuss des Bundeslandes eine Erhebung vor. Dank dieser Analysen lässt sich das aktuelle Preisniveau besser erkennen und Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt werden transparenter. Die Grundstücksmarktberichte sind je nach Region kostenfrei oder gegen eine Gebühr verfügbar. Genutzt werden diese Informationen von Akteuren aus verschiedenen Bereichen:

  • Makler
  • Tätige im Bankwesen oder in der Wirtschaft
  • Mitglieder der öffentlichen Verwaltung
  • Forscher und Wissenschaftler
  • Verkäufer und Kaufinteressenten
  • Sachverständige für die Bewertung von Grundstücken

Weitere Leistungen: Gutachten erstellen, Auskünfte erteilen, Daten ermitteln

Das Erstellen von Gutachten ist eine weitere Aufgabe, welcher der Gutachterausschuss nachkommt. Sowohl von bebauten als auch von unbebauten Grundstücken wird der Verkehrswert ermittelt. Das geschieht auf Antrag des Eigentümers oder eines Pflichtteilberechtigten. Gutachten dieser Art sind relevant, wenn der Wert der Immobilie im Rahmen einer Erbauseinandersetzung, eines Scheidungsverfahrens oder schlichtweg beim Verkauf bekannt sein muss. Des Weiteren sind die Kompetenzen des Gremiums gefragt, um die Höhe einer Entschädigung durch Rechtsverluste wie Enteignungen oder ähnliche Vermögensnachteile zu bemessen.

Der Gutachterausschuss ist außerdem dafür zuständig, verschiedene Daten zu bestimmen, die für die Wertermittlung von Grundstücken und Immobilien bedeutend sind. Hierzu gehören Umrechnungskoeffizienten, Vergleichsfaktoren, Sachwertfaktoren und Liegenschaftszinssätze. Einige weitere Leistungen werden vom Gutachterausschuss erbracht, wobei sie jedoch nicht im Baugesetzbuch aufgeführt sind. Demnach kommt es auch vor, dass die Mitglieder Mietwertübersichten erstellen oder Gutachten über Miet- und Pachtwerte anfertigen. Grundsätzlich stehen sie auch zur Verfügung, um verschiedene Auskünfte zu erteilen.

Jeder darf die von den Gutachterausschüssen aufbereiteten Informationen abfragen. In aller Regel fällt dafür eine Gebühr an. Möchten Sie ein Objekt verkaufen oder planen Sie einen Erwerb, können diese Daten für Sie hilfreich sein. So verschaffen Sie sich einen Überblick über das örtliche Preisniveau und die Marktlage. Dennoch sollten Sie nicht auf eine individuelle Immobilienbewertung verzichten.

Der Zusammenhang zwischen Gutachterausschüssen und Baufinanzierungen

Die von den Gutachterausschüssen ermittelten Daten haben auch für Banken eine hohe Relevanz. Dabei verwenden die Kreditinstitute die Informationen als Grundlage für Beleihungswertgutachten. Eine solche Analyse ist erforderlich, um das Risiko bei der Darlehensvergabe besser abzuschätzen. Kann der Kunde unerwartet seine Raten nicht mehr zahlen, dient die Immobilie als Sicherheit. Damit die Bank in einem solchen Fall nicht auf ihren Kosten sitzen bleibt, hat sie die Möglichkeit, das Objekt zu veräußern. In diesem Zusammenhang ist der Beleihungswert einer Immobilie von Belang. Er sagt aus, welcher Betrag sich auf langfristige Sicht mit einem Verkauf oder durch eine Versteigerung erzielen ließe.

In der Konsequenz richtet sich nach dieser Größe, wie hoch die Darlehenssumme sein darf. Es wird dann von der Beleihungsgrenze gesprochen. Jedes Kreditinstitut stellt dafür allerdings etwas andere Maßgaben auf. Im Allgemeinen werden Finanzierungen vergeben, die zwischen 60 und 80 Prozent des Immobilienwertes liegen. Den restlichen Betrag muss der Kreditnehmer durch Eigenkapital abdecken. Ausnahmen bestätigen hierbei die Regel und es sind unter bestimmten Umständen Vollfinanzierungen denkbar, bei denen der Kunde kein Eigenkapital einbringen muss. Ein Beleihungswertgutachten erstellen Banken entweder selbst oder sie beauftragen dafür einen unabhängigen Gutachter. Auch Gutachterausschüsse übernehmen diese Aufgabe.

Fazit: Wichtige Rolle für Transparenz der Immobilienmärkte

Gutachterausschüsse sind in Deutschland seit den 1960er-Jahren aktiv. Diese mit Sachverständigen besetzten Gremien genießen einen hohen Stellenwert. Die Bedeutung zeigt sich insbesondere in 2 Aspekten: dem Umfang der Aufgaben und dem breiten Spektrum derer, die auf die ermittelten Daten zurückgreifen.

Als die wichtigste Leistung eines Gutachterausschusses ist die Führung der Kaufpreissammlung einzustufen. Neben den Kaufpreisen bündeln die Mitglieder weitere relevante Informationen, die Rückschlüsse auf den lokalen Immobilienmarkt zulassen. Weitere Erkenntnisse liefern die entsprechenden Marktberichte. Sie vereinen bedeutende Parameter wie Bodenrichtwerte, Liegenschaftszinssätze oder auch Sachwertfaktoren. Die Expertise der Gremien ist zudem gefragt, wenn Immobiliengutachten zu erstellen sind. Vom Makler über die Bank bis hin zur Privatperson mit einer Kauf- oder Verkaufsabsicht – sie alle profitieren von der Arbeit der Gutachterausschüsse.

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Bildnachweis: Korawat photo shoot / Shutterstock.com

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